Tugend und Terror by Johannes Willms

Tugend und Terror by Johannes Willms

Autor:Johannes Willms [Willms, Johannes]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406669378
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


ZWEITES KAPITEL

DER WEG ZUR DIKTATUR DES SCHRECKENS

Die Säuberung des Konvents von den Girondins hatte nicht die von den Montagnards erwartete Wirkung, wie die Aufstände in vielen Teilen des Landes zeigen. Aber auch die Pariser Sansculotten haderten mit diesem Erfolg. Am 4. Juni protestierte Theophile Leclerc, einer der Drahtzieher des von den Enragés um Varlet dominierten «Exekutivkomitees», das den Aufstand der Sansculotten koordiniert hatte, gegen die Behauptung, die Revolution sei vollendet. Längst nicht alle Verdächtigen wären in Haft, und auch die sistierten Abgeordneten hätten vermutlich schon längst die Flucht ergriffen. «Warum», so fragte Leclerc empört, «gehen Sie mit dieser Langsamkeit zu Werke, sich Ihrer Feinde zu entledigen? Warum scheuen Sie davor zurück, einige Tropfen Blut zu vergießen?»[1] Was Leclerc offensichtlich vermisste, war ein neuerliches Septembermassaker. Das mussten die Montagnards verhindern, wollten sie ihren Erfolg nicht wieder aufs Spiel setzen, indem sie eine Empörung heraufbeschworen, die das Land gegen die Diktatur von Paris einen würde.

Leclerc stand mit dieser Ansicht keineswegs allein. Auch Marat ließ sich mit ähnlicher Tendenz vernehmen, als er in seinem an den Konvent gerichteten Schreiben vom 3. Juni 1793 dem Comité de Salut public mangelnde Energie und ein fehlendes Bewusstsein für die der Revolution tatsächlich drohenden Gefahren vorwarf: «Mögen meine geschätzten Kollegen von der Montagne der Nation die Augen dafür öffnen, dass die Übelgesinnten ihre Anstrengungen abstimmen; mögen sie endlich die großen Maßnahmen ergreifen, um (…) die Feinde im Inneren zu Boden zu werfen, die Übel abzustellen, die das Vaterland in Verzweiflung stürzen, Frieden und Überfluss wiederherzustellen».[2]

Entscheidend für die Montagnards war, dass sie die Macht im Konvent mit Hilfe der Sansculotten an sich gerissen hatten. Um sich in ihrer Ausübung zu behaupten, konnten sie nicht auf deren Unterstützung verzichten. Also galt es, die Sansculotten zufriedenzustellen, denn nur so ließ sich auch das Risiko verringern, dass diese lauthals Ansprüche erhoben, die den Ansichten und Interessen der Montagnards zuwiderliefen. Umso beunruhigender war die wiederholt geäußerte Absicht der Enragés, nicht allein die Girondins auszuschalten, sondern den Konvent insgesamt zum Teufel zu jagen. Das würde Frankreich gegen die Revolution aufbringen. Deshalb ergab sich für die Montagnards nun die Notwendigkeit, auch die Enragés, die radikalste Gruppierung innerhalb der Sansculotten-Bewegung, zu neutralisieren. Dabei galt es allerdings zu vermeiden, sich die Sansculotten zu entfremden oder gar die Anhänger der Girondins zum Widerstand zu ermutigen.

Einen Ausweg aus dieser Verlegenheit wies Barère, der am 6. Juni 1793 namens des Comité de Salut public den Vorschlag machte, alle im Lande bestehenden Comités révolutionnaires zu beseitigen. Nur so könne die Handlungsfreiheit des Konvents gewährleistet werden, denn «sobald diese ihren Nutzen verloren haben, könnten sie der bürgerlichen Freiheit oder der nationalen Souveränität abträglich sein».[3] Auch wenn es nicht ausdrücklich genannt wurde, hatte Barère das von den Enragés dominierte «Exekutivkomitee» mit Sitz im Pariser Evêché im Sinn. Es wurde am 8. Juni durch ein Comité de Salut public du département de Paris ersetzt, dessen Mitglieder ausnahmslos zuverlässige Sansculotten waren, unter denen sich keine Enragés mehr befanden.[4]

Um sich der Loyalität der Sansculotten zu versichern und sie auch besser kontrollieren zu können, hatte der Konvent schon am 2.



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